Auslegung zu Joh 14,23-29, 6. So nach Ostern
Das Evangelium lehrt uns eine wichtige Wahrheit: Die Herrlichkeit Jesu erkennt nur derjenige, der Jesus wirklich liebt. Diese Erkenntnis fordert uns heraus, denn sie bedeutet: Wissen allein genügt nicht.
Mehr als nur Wissen
Wir können die Bibel auswendig lernen, theologische Bücher studieren und uns umfassendes Wissen über Jesus aneignen – und dennoch Jesus verfehlen. Denn über Jesus wissen und Jesus wirklich kennen sind zwei völlig verschiedene Dinge.
Denken wir an die Beziehung zwischen Mutter und Kind. Eine Mutter kennt ihr Kind in einer Tiefe, die weit über alle Fakten hinausgeht. Sie liebt es bedingungslos. Würde sie einer fremden Person alles erzählen, was sie über ihr Kind weiß, würde diese Person das Kind trotzdem nicht so lieben wie die Mutter selbst. Wissen und Liebe berühren sich zwar, aber sie sind nicht dasselbe.
Der Weg zur echten Erkenntnis
Jesus zu erkennen bedeutet, eine lebendige Beziehung zu ihm zu führen. Diese Beziehung entsteht, wenn ich mich nach dem richte, was er mir aufgetragen hat. Ich liebe ihn, weil ich das tue, was er möchte. Gleichzeitig liebe ich ihn, weil er mir als Person wichtig geworden ist und ich mich gerne nach seinen Worten richte.
In dieser Beziehung geschieht etwas Wunderbares: Ich bin nicht mehr nur Anhänger einer Religion oder einfach nur getauft. Gott selbst lebt in mir, und ich lebe in ihm. Diese Verbindung geht tiefer als alles andere.
Über die Grenzen des Verstandes hinaus
Besonders wir in Deutschland neigen dazu, alles über den Verstand lösen zu wollen. Wenn wir alle verfügbaren Informationen gesammelt haben, glauben wir oft, die Sache sei erledigt. Doch diese rein materialistische Herangehensweise führt bei Jesus nicht zum Ziel.
Erst wenn ich anfange, Jesus zu schätzen, wenn seine Worte für mich kostbar werden, beginnt echte Liebe zu wachsen. Dann sind die Worte Jesu nicht mehr nur alte, bekannte Geschichten, sondern konkrete Wegweiser für mein Leben.
Der praktische Weg
Wer noch nie eine persönliche Beziehung zu Jesus erlebt hat, mag dies alles fremdartig finden. Doch es gibt einen Weg, wie diese Begegnung geschehen kann. Jesus selbst hat ihn uns gezeigt:
1.) Nach seinem Willen leben – seine Weisungen nicht nur kennen, sondern befolgen.
2.) Seine Worte verinnerlichen – sie nicht nur lesen, sondern in sich aufnehmen und meditieren.
3.) Beten – das Gespräch mit ihm suchen und pflegen.
Dies ist der Weg, den Jesus uns gezeigt hat. Es gibt keinen anderen.
Einladung zur Beziehung
Jesus wartet darauf, dass wir diesen Schritt wagen – vom bloßen Wissen zur lebendigen Beziehung. In dieser Beziehung offenbart sich seine Herrlichkeit nicht als ferne Theorie, sondern als gegenwärtige Wirklichkeit, die unser Leben von Grund auf verwandelt.
von P. Oliver Heck