Schlagwort: Auferstehung

  • Das Leben ist wie ein Fischfang

    Auslegung zur Begegnung des Auferstandenen mit seinen Jüngern am See. (vgl. Joh Joh 21, 1–14 oder bis 19)

    Kennen Sie diesen Moment, wenn alles, woran Sie geglaubt haben, plötzlich in Scherben liegt? Wenn die Hoffnung, die Sie jahrelang getragen hat, unter Ihren Händen zerbröselt wie trockene Erde? Die Jünger Jesu kannten dieses Gefühl nur zu gut.

    Stellen wir uns die Szene am See Genezareth vor. Ein kühler Morgen, Nebelschwaden tanzen über dem Wasser. Sieben Männer in einem Boot, ihre Hände rau von der nächtlichen Arbeit, ihre Netze leer, ihr Herz schwer von einer Geschichte, die sie nicht verstehen.

    Diese Männer waren einst dem Ruf Jesu gefolgt. Sie hatten ihre Boote, ihre Netze, ihre Familien zurückgelassen, um ihm nachzufolgen. „Kommt mit mir,“ hatte Jesus gesagt, „ich will euch zu Menschenfischern machen.“ Und sie kamen. Drei Jahre lang.

    Drei Jahre. Denken Sie einmal darüber nach. Drei Jahre, in denen die Jünger miterlebten, wie Jesus Blinde sehend machte, wie er Brot vermehrte, wie er von einem Reich Gottes sprach, das so ganz anders war als alles, was sie kannten. Drei Jahre, in denen sie hofften – endlich war er da, auf den sie gewartet hatten, der alles verändern würde.

    Und dann kam Golgatha. Ein Holzkreuz gegen den Himmel. Und mit jedem Hammerschlag, der die Nägel in sein Fleisch trieb, zersplitterte ihre Hoffnung. Petrus, der große Wortführer, verleugnete seinen Meister dreimal. „Ich kenne diesen Menschen nicht,“ sagte er. Wie oft haben auch wir das gesagt, wenn der Glaube unbequem wurde?

    Nach der Kreuzigung waren sie zurückgekehrt zu dem, was sie kannten: dem Fischen. Ist es nicht oft so im Leben? Wenn unsere großen Träume zerplatzen, flüchten wir uns in die Routine, in das Vertraute. Wir gehen zurück zu dem, was wir können, zu dem, was uns Sicherheit gibt.

    Doch ihre Netze blieben leer. Eine ganze Nacht des Fischens, und nichts. Manchmal scheint es, als ob selbst das, was wir am besten können, uns im Stich lässt, wenn wir innerlich zerrissen sind.

    Und dann steht da ein Mann am Ufer. „Kinder, habt ihr nichts zu essen?“, ruft er. „Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus.“ Sie tun es, vielleicht aus Verzweiflung, vielleicht aus einem Funken Hoffnung. Und plötzlich ist das Netz so voll mit Fischen, dass sie es kaum ins Boot ziehen können.

    Johannes erkennt ihn zuerst. „Es ist der Herr!“ Und Petrus – impulsiv wie immer – springt ins Wasser, um schneller bei Jesus zu sein.

    Am Ufer erwartet sie ein Frühstück. Feuer, Brot, Fisch. Jesus dient ihnen. Der Auferstandene bereitet denen ein Mahl, die ihn verlassen haben. Ist das nicht das Wesen der Gnade? Dass sie uns dort findet, wo wir sind – nicht dort, wo wir sein sollten?

    Und dann fragt Jesus dreimal: „Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich?“ Dreimal – genau wie Petrus ihn dreimal verleugnet hatte. Es ist, als ob Jesus ihm die Gelegenheit gibt, jede Verleugnung mit einem Bekenntnis zu überschreiben. „Herr, du weißt alles; du weißt, dass ich dich lieb habe.“

    Was bedeutet diese Geschichte für uns heute? Ich denke, sie zeigt uns mehrere tiefe Wahrheiten:

    Erstens: Der auferstandene Christus erscheint oft dort, wo wir ihn am wenigsten erwarten – in der Routine unseres Alltags, an den Ufern unserer gescheiterten Hoffnungen. Mitten in unserem gewöhnlichen Leben kann er uns begegnen.

    Zweitens: Manchmal müssen wir unsere Netze auf der anderen Seite auswerfen. Wie oft halten wir an dem fest, was wir immer getan haben, obwohl es keine Frucht bringt? Jesus fordert uns auf, eine neue Perspektive zu wagen, eine andere Richtung einzuschlagen.

    Drittens: Nach dem Scheitern gibt es immer die Möglichkeit eines neuen Anfangs. Petrus, der Jesus verleugnet hatte, wird zum Fels der Kirche. Unsere größten Fehler sind nicht das Ende unserer Geschichte.

    Und schließlich: Die Mission geht weiter. „Weide meine Lämmer,“ sagt Jesus zu Petrus. Die Berufung ist erneuert, aber sie ist nicht mehr dieselbe. Sie ist jetzt geprägt von der Erfahrung des Scheiterns und der Auferstehung. Sie ist tiefer geworden, reifer.

    Liebe Gemeinde, wir alle sind in gewisser Weise wie diese Jünger. Wir kennen Begeisterung und Enttäuschung, Hoffnung und Verzweiflung, Hingabe und Verrat. Wir wissen, wie es sich anfühlt, wenn unsere Netze leer bleiben.

    Aber die Botschaft der Auferstehung ist: Es geht weiter. Der auferstandene Christus steht am Ufer und ruft uns zu. Er bereitet uns ein Mahl. Er vergibt uns. Und er sendet uns wieder hinaus.

    Vielleicht befinden Sie sich gerade in einer Phase der leeren Netze. Vielleicht haben Sie Jesus schon dreimal verleugnet. Vielleicht haben Sie die Hoffnung aufgegeben und sind zurückgekehrt zu dem, was Sie kennen.

    Aber ich lade Sie ein, noch einmal hinauszufahren und Ihr Netz auszuwerfen – vielleicht auf der anderen Seite. Denn der Auferstandene wartet auf Sie, mit einem Feuer am Ufer und der Frage, die alles verändert: „Liebst du mich?“

    Möge Gott Ihnen die Kraft geben, mit Petrus zu antworten: „Herr, du weißt alles; du weißt, dass ich dich lieb habe.“

    P. Oliver Heck

  • EVANGELIUM 3. So nach Ostern Der Auferstandene und der Fischfang Joh 21, 1-14 (Kurzf.)

    Auslegung dazu: Das Leben ist wie ein Fischfang

    In jener Zeit offenbarte sich Jesus den Jüngern

    am See von Tiberias in folgender Weise:

    Simon Petrus, Thomas, der Zwilling,

    Natanaël aus Kana in Galiläa,

    die Söhne des Zebedäus

    und zwei andere von seinen Jüngern waren zusammen.

    Simon Petrus sagte zu ihnen: Ich gehe fischen.

    Sie sagten zu ihm: Wir kommen auch mit.

    Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot.

    Aber in dieser Nacht fingen sie nichts.

    Als es schon Morgen wurde, stand Jesus am Ufer.

    Doch die Jünger wußten nicht, daß es Jesus war.

    Jesus sagte zu ihnen:

    Meine Kinder, habt ihr nicht etwas zu 2essen?

    Sie antworteten ihm: Nein.

    Er aber sagte zu ihnen:

    Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus,

    und ihr werdet etwas fangen.

    Sie warfen das Netz aus

    und konnten es nicht wieder einholen,

    so voller Fische war es.

    Da sagte der Jünger, den Jesus liebte, zu Petrus:

    Es ist der Herr!

    Als Simon Petrus hörte, daß es der Herr sei,

    gürtete er sich das Obergewand um,

    weil er nackt war, und sprang in den See.

    Dann kamen die anderen Jünger mit dem Boot

    – sie waren nämlich nicht weit vom Land entfernt –

    und zogen das Netz mit den Fischen hinter sich her.

    Als sie an Land gingen,

    sahen sie am Boden ein Kohlenfeuer

    und darauf Fisch und Brot.

    Jesus sagte zu ihnen:

    Bringt von den Fischen, die ihr gerade gefangen habt.

    Da ging Simon Petrus und zog das Netz an Land.

    Es war mit hundertdreiundfünfzig großen Fischen gefüllt,

    und obwohl es so viele waren, zerriß das Netz nicht.

    Jesus sagte zu ihnen: Kommt her und eßt!

    Keiner von den Jüngern wagte ihn zu fragen:

    Wer bist du?

    Denn sie wußten, daß es der Herr war.

    Jesus trat heran, nahm das Brot

    und gab es ihnen, ebenso den Fisch.

    Dies war schon das dritte Mal,

    daß Jesus sich den Jüngern offenbarte, seit er von den Toten auferstanden war.

  • Evangelium 2. So. nach Ostern: Der Auferstandene begegnet dem zweifelnden Thomas (Joh 20, 19-31)

    zur Auslegung: Selbstannahme

    Am Abend des ersten Tages der Woche,

    als die Jünger aus Furcht die Türen verschlossen hatten,

    kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen:

    Friede sei mit euch!

    Nach diesen Worten zeigte er ihnen

    seine Hände und seine Seite.

    Da freuten sich die Jünger, daß sie den Herrn sahen.

    Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch!

    Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.

    Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an

    und sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist!

    Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben;

    wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert.

    Thomas, einer der Zwölf,

    war nicht bei ihnen, als Jesus kam.

    Die anderen Jünger sagten zu ihm:

    Wir haben den Herrn gesehen.

    Er entgegnete ihnen:

    Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe

    und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel

    und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.

    Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder versammelt,

    und Thomas war dabei.

    Die Türen waren verschlossen.

    Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte:

    Friede sei mit euch!

    Dann sagte er zu Thomas:

    Streck deinen Finger aus – hier sind meine Hände!

    Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite,

    und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!

    Thomas antwortete ihm:

    Mein Herr und mein Gott!

    Jesus sagte zu ihm:

    Weil du mich gesehen hast, glaubst du.

    Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.

    Noch viele andere Zeichen,

    die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind,

    hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan.

    Diese aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt,

    daß Jesus der Messias ist, der Sohn Gottes,

    und damit ihr durch den Glauben

    das Leben habt in seinem Namen.

  • EVANGELIUM OSTERNACHT – C – Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?(Lk 24, 1-12)

    Auslegung dazu

    Am ersten Tag der Woche gingen die Frauen

    mit den wohlriechenden Salben, die sie zubereitet hatten,

    in aller Frühe zum Grab.

    Da sahen sie, daß der Stein vom Grab weggewälzt war;

    sie gingen hinein,

    aber den Leichnam Jesu, des Herrn, fanden sie nicht.

    Während sie ratlos dastanden,

    traten zwei Männer in leuchtenden Gewändern zu ihnen.

    Die Frauen erschraken und blickten zu Boden.

    Die Männer aber sagten zu ihnen:

    Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?

    Er ist nicht hier, sondern er ist auferstanden.

    Erinnert euch an das, was er euch gesagt hat,

    als er noch in Galiläa war:

    Der Menschensohn muß den Sündern ausgeliefert

    und gekreuzigt werden und am dritten Tag auferstehen.

    Da erinnerten sie sich an seine Worte.

    Und sie kehrten vom Grab in die Stadt zurück

    und berichteten alles den Elf und den anderen Jüngern.

    Es waren Maria Magdalene, Johanna

    und Maria, die Mutter des Jakobus;

    auch die übrigen Frauen, die bei ihnen waren,

    erzählten es den Aposteln.

    Doch die Apostel hielten das alles für Geschwätz

    und glaubten ihnen nicht.

    Petrus aber stand auf und lief zum Grab.

    Er beugte sich vor, sah aber nur die Leinenbinden dort liegen.

    Dann ging er nach Hause,

    voll Verwunderung über das, was geschehen war.

  • Auferstehung: Die Fülle beginnt schon hier

    Evangelium Lesejahr C – Lk 24, 1-12

    Die Nacht der Auferstehung – Osternacht (Lange Form)

    Stellen Sie sich den glücklichsten Moment Ihres Lebens vor. Verweilen Sie dort einen Augenblick. Vielleicht war es die erste Berührung Ihres neugeborenen Kindes, als Sie diese winzigen Finger spürten, die nach Ihnen griffen – ein Lebensanfang von solcher Unmittelbarkeit, dass die Zeit stillzustehen schien. Oder der Moment, als Sie in die Augen des Menschen blickten, dem Sie gerade Treue versprochen hatten – dieser Blick, in dem eine ganze gemeinsame Zukunft aufschimmerte. Vielleicht war es die stille Genugtuung nach jahrelanger Arbeit, als ein berufliches Projekt endlich Früchte trug. Oder das erste Mal, als Sie die Tür zu Ihrem eigenen Zuhause aufschlossen, diesem Raum, der nun Ihre Geschichte beherbergen würde.

    Diese Momente tragen eine eigentümliche Qualität in sich – sie sind erfüllt von einer Gegenwärtigkeit, einer Dichte des Erlebens, als ob die Zeit sich verdichtet hätte zu einem einzigen, leuchtenden Punkt. In ihnen erleben wir einen Vorgeschmack dessen, was Fülle bedeuten kann.

    Und nun – versuchen Sie sich vorzustellen, dieses Glück zu multiplizieren. Nicht nur verdoppelt oder verzehnfacht, sondern vertausendfacht und nochmals vertausendfacht. Eine solche Vorstellung übersteigt unsere Fassungskraft, nicht wahr? Und doch ist selbst diese überwältigende Ahnung nur ein schwacher Abglanz dessen, was uns im ewigen Leben erwartet.

    Vertröstung?

    An dieser Stelle könnten kritische Stimmen einwenden: Ist das nicht genau die Art von billiger Vertröstung, vor der schon Ludwig Feuerbach warnte? Eine Projektion unserer Sehnsüchte an einen imaginären Himmel, um die Härten des Diesseits erträglicher zu machen? Eine Beruhigungspille für die Leidenden, damit sie nicht auf Veränderung im Hier und Jetzt drängen?

    Diese Kritik verdient unsere Aufmerksamkeit. Denn tatsächlich kann der Glaube an ein Jenseits zur Weltflucht verleiten, zur Resignation angesichts des gegenwärtigen Leids. Und doch – ist dies wirklich die Art von Glauben, zu der Christus uns aufruft?

    Im Johannesevangelium spricht Jesus: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.“ Beachten Sie genau: Er spricht nicht von einem erst später zu erfüllenden Versprechen, sondern von einer Gegenwart, die schon jetzt beginnt, sich unter uns zu entfalten. Diese Fülle ist keine vertröstende Utopie – sie ist eine verwandelnde Kraft, die bereits hier und heute unser Leben durchdringen will.

    Hoffnung motiviert

    Es ist gerade die Hoffnung auf das ewige Leben, die uns dazu befähigt, das gegenwärtige Leben in seiner ganzen Tiefe zu umarmen – mit seinen Freuden und Schmerzen, mit seinen Herausforderungen und Nöten. Es ist, als würde diese Hoffnung uns einen anderen Blickwinkel eröffnen, von dem aus wir die Wirklichkeit klarer erkennen können.

    Denken Sie an die Heiligen durch die Jahrhunderte – an Franz von Assisi, der seinen Reichtum aufgab, um mit den Ärmsten zu leben; an Mutter Teresa, die ihr Leben den Sterbenden in den Slums von Kalkutta widmete; an Dietrich Bonhoeffer, der aus seinem Glauben heraus dem Naziregime widerstand und dafür sein Leben ließ. Waren diese Menschen weltabgewandt? Keineswegs! Es war gerade ihr tiefer Glaube an die letzte Wirklichkeit Gottes, der ihnen die Kraft gab, sich radikal auf die Nöte ihrer Mitmenschen einzulassen. Es war ihre Gewissheit eines Lebens jenseits des Todes, die sie befähigte, ihr eigenes Leben hinzugeben, wo es nötig war.

    Mehr Glaube an Auferstehung

    Vielleicht ist unser Problem nicht, dass wir zu sehr an ein Leben nach dem Tod glauben – sondern dass wir zu wenig daran glauben. Dass unsere Vorstellung vom ewigen Leben zu blass, zu abstrakt, zu ferngeblieben ist. Dass wir nicht begriffen haben, was es bedeutet, schon jetzt aus der Kraft der Auferstehung zu leben.

    Die Verwandlung beginnt schon hier und jetzt. Es ist wie eine neue Geburt und eine neue Wirklichkeit, die in unserem Leben aufbricht, wenn wir uns der Liebe Gottes öffnen, die in Christus sichtbar geworden ist. Es ist ein Prozess des Sterbens und Auferstehens, der sich in unserem alltäglichen Leben vollzieht – in jeder Entscheidung für die Liebe, für die Wahrheit, für die Gerechtigkeit.

    Was uns einmal erwartet, ist eine Welt voller Liebe, Freude und Einheit – eine friedliche Heimat, in der uns tiefes Wohlwollen entgegengebracht wird. Eine Welt, in der alle gebrochenen Beziehungen geheilt sind, alle Tränen getrocknet werden, aller Schmerz verwandelt wird in tiefere Freude.

    Es beginnt schon hier und jetzt

    Und das Wunderbare ist: Diese Welt beginnt nicht erst nach unserem Tod. Sie bricht schon jetzt unter uns an – überall dort, wo Menschen aus der Kraft dieser Hoffnung heraus leben und handeln. Wo sie einander vergeben, statt auf ihr Recht zu pochen. Wo sie teilen, statt zu horten. Wo sie dienen, statt sich bedienen zu lassen. Wo sie die Wahrheit sagen, auch wenn es kostspielig ist. Wo sie für Gerechtigkeit eintreten, auch wenn es sie verwundbar macht.

    In dieser Osternacht feiern wir nicht nur ein historisches Ereignis. Wir feiern, dass das Leben stärker ist als der Tod. Dass die Liebe den Hass überwindet. Dass das Licht in der Finsternis scheint, und die Finsternis hat es nicht ergriffen.

    Möge die Hoffnung, die von diesem leeren Grab ausgeht, uns ermutigen, unser Leben in seiner ganzen Tiefe zu leben – nicht als flüchtige Vorbereitung auf ein fernes Jenseits, sondern als den Ort, an dem Gottes Ewigkeit schon jetzt zu leuchten beginnt. Möge sie uns befähigen, das Leid in dieser Welt nicht zu übersehen oder zu verharmlosen, sondern ihm mit der verwandelnden Kraft der Liebe zu begegnen. Und möge sie uns die Gewissheit schenken, dass nichts verloren geht, was in Liebe getan wird – dass jede Träne, jedes Opfer, jede Hingabe aufgehoben ist in Gottes ewiger Gegenwart.

    Denn das ist die Verheißung dieser Nacht: Das Leben ist stärker als der Tod. Die Liebe bleibt. Der Stein ist weggerollt.

    P. Oliver Heck

    Die Ewigkeit im Jetzt [kurze Form]

    Stellen Sie sich den glücklichsten Moment Ihres Lebens vor. Verweilen Sie dort einen Augenblick. Vielleicht war es die erste Berührung Ihres neugeborenen Kindes oder der Blick in die Augen des Menschen, dem Sie gerade Treue versprochen hatten. In solchen Momenten erleben wir eine Gegenwärtigkeit, eine Dichte des Erlebens, als ob die Zeit sich verdichtet hätte zu einem einzigen, leuchtenden Punkt – ein Vorgeschmack dessen, was Fülle bedeuten kann.

    Und doch ist selbst diese überwältigende Ahnung nur ein schwacher Abglanz dessen, was uns im ewigen Leben erwartet.

    Ist das nicht bloße Vertröstung? Diese Kritik verdient unsere Aufmerksamkeit. Tatsächlich kann der Glaube an ein Jenseits zur Weltflucht verleiten. Doch ist dies wirklich die Art von Glauben, zu der Christus uns aufruft? Im Johannesevangelium spricht Jesus: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.“ Er spricht nicht von einem erst später zu erfüllenden Versprechen, sondern von einer Gegenwart, die schon jetzt beginnt, sich unter uns zu entfalten.

    Es ist gerade die Hoffnung auf das ewige Leben, die uns befähigt, das gegenwärtige Leben in seiner ganzen Tiefe zu umarmen – mit seinen Freuden und Schmerzen, seinen Herausforderungen und Nöten. Diese Hoffnung eröffnet uns einen anderen Blickwinkel, von dem aus wir die Wirklichkeit klarer erkennen können.

    Denken Sie an die Heiligen durch die Jahrhunderte – an Franz von Assisi, an Mutter Teresa, an Dietrich Bonhoeffer. Waren diese Menschen weltabgewandt? Keineswegs! Es war gerade ihr tiefer Glaube an die letzte Wirklichkeit Gottes, der ihnen die Kraft gab, sich radikal auf die Nöte ihrer Mitmenschen einzulassen.

    Vielleicht ist unser Problem nicht, dass wir zu sehr an ein Leben nach dem Tod glauben – sondern dass wir zu wenig daran glauben. Dass unsere Vorstellung vom ewigen Leben zu blass, zu abstrakt geblieben ist. Dass wir nicht begriffen haben, was es bedeutet, schon jetzt aus der Kraft der Auferstehung zu leben.

    Die Verwandlung beginnt hier und jetzt. Es ist wie eine neue Geburt, eine neue Wirklichkeit, die in unserem Leben aufbricht, wenn wir uns der Liebe Gottes öffnen. Es ist ein Prozess des Sterbens und Auferstehens, der sich in unserem alltäglichen Leben vollzieht – in jeder Entscheidung für die Liebe, für die Wahrheit, für die Gerechtigkeit.

    Was uns einmal erwartet, ist eine Welt voller Liebe und Freude – eine friedliche Heimat, in der alle gebrochenen Beziehungen geheilt und alle Tränen getrocknet werden.

    Und das Wunderbare ist: Diese Welt beginnt nicht erst nach unserem Tod. Sie bricht schon jetzt unter uns an – überall dort, wo Menschen aus der Kraft dieser Hoffnung heraus leben und handeln. Wo sie einander vergeben, statt auf ihr Recht zu pochen. Wo sie teilen, statt zu horten. Wo sie für Gerechtigkeit eintreten, auch wenn es sie verwundbar macht.

    In dieser Osternacht feiern wir, dass das Leben stärker ist als der Tod. Dass die Liebe den Hass überwindet. Dass das Licht in der Finsternis scheint.

    Möge die Hoffnung, die von diesem leeren Grab ausgeht, uns ermutigen, unser Leben in seiner ganzen Tiefe zu leben – nicht als flüchtige Vorbereitung auf ein fernes Jenseits, sondern als den Ort, an dem Gottes Ewigkeit schon jetzt zu leuchten beginnt. Möge sie uns die Gewissheit schenken, dass nichts verloren geht, was in Liebe getan wird.

    Denn das ist die Verheißung dieser Nacht: Das Leben ist stärker als der Tod. Die Liebe bleibt. Der Stein ist weggerollt.

    P. Oliver Heck