Schlagwort: Feldpredigt

  • Vergeben, Barmherzigkeit und Feindesliebe

    Vergeben, Barmherzigkeit und Feindesliebe

    zur Feldpredigt Jesu (Lk 6,27-38)

    Stellen Sie sich vor, Sie sitzen an einem warmen Sommertag auf dem Hang eines Berges. Um Sie herum Menschen, die gebannt den Worten eines Mannes lauschen, der von etwas spricht, das unser tiefstes Wesen herausfordert: „Liebet eure Feinde.“ Diese Worte Jesu treffen uns bis heute ins Mark, denn sie berühren einen der verwundbarsten Punkte unseres Menschseins.

    Wenn uns jemand verletzt, spüren wir einen uralten Mechanismus in uns erwachen. Unser Herz schlägt schneller, unsere Muskeln spannen sich an – wir sind bereit zur Verteidigung oder zur Flucht. Diese Reaktion haben wir nicht nur mit unseren tierischen Verwandten gemeinsam, sie ist tief in unserem Wesen verankert, ein Echo unserer evolutionären Geschichte.

    Doch Jesus lädt uns ein, diesen Kreislauf zu durchbrechen. Seine Aufforderung zur Feindesliebe ist keine naive Romantik, sondern ein radikaler Weg zur Transformation unserer zwischenmenschlichen Beziehungen. Wenn wir ehrlich sind, kennen wir alle diese inneren Widerstände: „Wenn ich nachgebe, werde ich als schwach angesehen.“ „Wenn ich vergebe, wird der andere das nur ausnutzen.“ Diese Gedanken sind wie schwere Steine, die uns den Weg zur Versöhnung versperren.

    Denken Sie an einen Moment in Ihrem Leben, wo Sie tief verletzt wurden. Spüren Sie die Schwere dieser Erinnerung? Jesus wusste um diese menschliche Erfahrung. Am Kreuz rang er selbst mit der übermenschlichen Aufgabe der Vergebung: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Diese Worte waren keine leichtfertige Geste, sondern entstanden aus tiefem innerem Ringen.

    vergeben, Barmherzigkeit, Feindesliebe
    Foto von Dmitri Leiciu form PxHere

    Der Weg der Vergebung ist wie das Öffnen eines verkrampften Fingers nach einer Verletzung – schmerzhaft und behutsam zugleich. Es geht nicht darum, Unrecht zu rechtfertigen oder sich selbst zu verleugnen. Vielmehr geht es um die tiefe Erkenntnis, dass der Kreislauf von Vergeltung und Gewalt nur durchbrochen werden kann, wenn jemand den Mut hat, einen ersten Schritt aus der Spirale heraus zu wagen.

    Dabei übersehen wir oft eine wichtige Wahrheit: In den meisten Konflikten gibt es keine eindeutige Schuldzuweisung. Wenn wir genau hinschauen, erkennen wir oft ein komplexes Gewebe von Missverständnissen, verletzten Gefühlen und unerfüllten Erwartungen. Der Glaube, der andere müsse den ersten Schritt tun, weil er „schuld“ sei, ist oft eine Sackgasse, in der beide Seiten gefangen bleiben.

    Die Kraft zur Feindesliebe können wir nicht aus uns selbst schöpfen. Sie ist ein Geschenk der Gnade, das wir nur in der Verbindung mit Gott empfangen können. Wie ein Weinstock seine Reben nährt, so nährt uns die Gegenwart Christi mit der Kraft zur Vergebung.

    Wenn Sie das nächste Mal spüren, wie Wut oder Verbitterung in Ihnen aufsteigen, halten Sie einen Moment inne. Atmen Sie bewusst und erinnern Sie sich daran, dass auch Ihr „Feind“ ein Mensch ist, mit eigenen Ängsten, Verletzungen und Hoffnungen. Vielleicht ist dies der erste kleine Schritt auf dem Weg zur Feindesliebe – nicht als große heroische Geste, sondern als behutsames Öffnen des Herzens für die Möglichkeit der Versöhnung.

    Denn letztlich ist die Feindesliebe nicht nur ein Gebot Jesu, sondern auch der einzige Weg zu wahrem Frieden – in unseren Familien, in unserer Gesellschaft und in unserem eigenen Herzen. Sie ist der Weg, der uns aus der Gefangenschaft unserer eigenen Verbitterung befreit und uns die Tür zu einem Leben in echter Freiheit öffnet.

    von P. Oliver Heck

    externer Link: Tag der Vergebung

  • EVANGELIUM 7. So. i.Jk. C Feindesliebe – Barmherzigkeit Lk 6, 27-38

    nach der Einheitsübersetzung von 1980

    In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:

    Euch, die ihr mir zuhört, sage ich:

    Liebt eure Feinde;

    tut denen Gutes, die euch hassen.

    Segnet die, die euch verfluchen;

    betet für die, die euch mißhandeln.

    Dem, der dich auf die eine Wange schlägt,

    halt auch die andere hin,

    und dem, der dir den Mantel wegnimmt,

    laß auch das Hemd.

    Gib jedem, der dich bittet;

    und wenn dir jemand etwas wegnimmt,

    verlang es nicht zurück.

    Was ihr von anderen erwartet,

    das tut ebenso auch ihnen.

    Wenn ihr nur die liebt, die euch lieben,

    welchen Dank erwartet ihr dafür?

    Auch die Sünder lieben die, von denen sie geliebt werden.

    Und wenn ihr nur denen Gutes tut, die euch Gutes tun,

    welchen Dank erwartet ihr dafür?

    Das tun auch die Sünder.

    Und wenn ihr nur denen etwas leiht,

    von denen ihr es zurückzubekommen hofft,

    welchen Dank erwartet ihr dafür?

    Auch die Sünder leihen Sündern in der Hoffnung,

    alles zurückzubekommen.

    Ihr aber sollt eure Feinde lieben

    und sollt Gutes tun und leihen,

    auch wo ihr nichts dafür erhoffen könnt.

    Dann wird euer Lohn groß sein,

    und ihr werdet Söhne des Höchsten sein;

    denn auch er ist gütig gegen die Undankbaren und Bösen.

    Seid barmherzig, wie es auch euer Vater ist!

    Richtet nicht,

    dann werdet auch ihr nicht gerichtet werden.

    Verurteilt nicht,

    dann werdet auch ihr nicht verurteilt werden.

    Erlaßt einander die Schuld,

    dann wird auch euch die Schuld erlassen werden.

    Gebt, dann wird auch euch gegeben werden.

    In reichem, vollem, gehäuftem, überfließendem Maß

    wird man euch beschenken;

    denn nach dem Maß, mit dem ihr messt und zuteilt,

    wird auch euch zugeteilt werden.

    zur passenden Auslegung

  • EVANGELIUM 6. So. i. Jk. C Feldpredigt – Seligpreisungen und Weherufe Lk 6, 17. 20-26 (EHÜ 1980)

    In jener Zeit stieg Jesus mit seinen Jüngern den Berg hinab.

    In der Ebene blieb er mit einer großen Schar seiner Jünger stehen, und viele Menschen strömten herbei.

    Jesus richtete seine Augen auf seine Jünger

    und sagte:

    Selig, ihr Armen, denn euch gehört das Reich Gottes.

    Selig, die ihr jetzt hungert, denn ihr werdet satt werden.

    Selig, die ihr jetzt weint, denn ihr werdet lachen.

    Selig seid ihr, wenn euch die Menschen hassen

    und aus ihrer Gemeinschaft ausschließen,

    wenn sie euch beschimpfen

    und euch in Verruf bringen um des Menschensohnes willen.

    Freut euch und jauchzt an jenem Tag;

    euer Lohn im Himmel wird groß sein.

    Denn ebenso haben es ihre Väter mit den Propheten gemacht.

    Aber weh euch, die ihr reich seid;

    denn ihr habt keinen Trost mehr zu erwarten.

    Weh euch, die ihr jetzt satt seid;

    denn ihr werdet hungern.

    Weh euch, die ihr jetzt lacht;

    denn ihr werdet klagen und weinen.

    Weh euch, wenn euch alle Menschen loben;

    denn ebenso haben es ihre Väter

    mit den falschen Propheten gemacht.


    -> zur Auslegung: Leben in Fülle