Auslegung zum Evangelium vom 3. Fastenso. – C Unglück bei Bauarbeiten und der unfruchtbare Feigenbaum. (Lk 13,1-9)
Allzu leicht wiegen wir uns in Sorglosigkeit, wenn unser Leben ruhig dahinfließt. Doch wenn ein Unglück in unserer Familie oder in der Welt die gewohnte Ordnung durchbricht, schrecken wir auf. Jesus macht sich diese menschliche Reaktion bewusst zunutze. Im jüdischen Denken seiner Zeit nahm man häufig an, dass Unglück eine direkte Folge von Sünde sei. Jesus aber widerspricht dieser vereinfachenden Sichtweise, indem er uns alle als erlösungsbedürftige Menschen anspricht.
Bei Unglück und Leid suchten die Menschen damals wie heute nach einem Schuldigen. Als seine Jünger einem Blindgeborenen begegneten, fragten sie: „Rabbi, wer hat gesündigt? Er selbst? Oder haben seine Eltern gesündigt, so dass er blind geboren wurde?“ (Joh 9,2). Jesus durchbricht dieses Denkmuster und weist jede einfache Schuldzuweisung zurück.
Christus geht es nicht um Anklage, sondern um Umkehr. Die Menschheit hat sich in vielem von Gott entfernt. Diese Gottesferne ist bereits das eigentliche Unglück. Wir haben oft den Sinn für Gottes Nähe verloren und das Gespür für sein Wirken in unserem Alltag eingebüßt.
Um dieses Gespür zu wecken, verwendet Jesus manchmal aufrüttelnde Worte. Er spricht von einem Unglück beim Bau des Turmes von Siloah, bei dem achtzehn Menschen starben. Statt Trauer auszudrücken, sagt er: „Ihr alle werdet genauso umkommen, wenn ihr euch nicht bekehrt.“ Diese Worte müssen die Zuhörer tief erschüttert haben. Jesus will damit nicht Furcht verbreiten, sondern uns zur Besinnung rufen – zur Umkehr, solange noch Zeit ist.
Die Hinwendung des Menschen zu Gott ist für Jesus von höchster Bedeutung. Um uns dazu zu bewegen, nutzt er verschiedene Zugänge: Er lädt ein wie ein König zum Festmahl, er heilt Menschen von ihren Leiden, er verheißt allen, die ihm nachfolgen, Leben in Fülle. Wie ein guter Hirte seine verlorenen Schafe sucht, so ruft er uns – mal sanft lockend, mal aufrüttelnd, immer aber aus Liebe.
Das Gleichnis vom unfruchtbaren Feigenbaum ergänzt diese Botschaft: Gott schenkt uns Geduld und neue Chancen. Der Gärtner setzt sich für den Baum ein, pflegt ihn besonders, gibt ihm Zeit. Doch die Erwartung bleibt: Unser Leben soll Frucht bringen. Die gute Nachricht lautet: Gottes Geduld ist größer als unsere Trägheit. Seine Barmherzigkeit umfasst auch unser Scheitern. Seine Liebe lädt uns immer wieder neu ein, zu ihm umzukehren und aus seiner Kraft zu leben.
von P. Oliver Heck